Ende 2014 ging an der Hochschulbibliothek Mannheim nach zwei Jahren Planung, Umbau und Konvertierung die Selbstverbuchungs-Station in Betrieb. Die vom Verein der Freunde finanzierte Einführung des RFID(Radio Frequency Identification)-Systems war damit abgeschlossen. Ein gutes Jahr danach haben wir die Bibliotheksleiterin, Frau Dipl.-Bibl. Maria Klein, in ihrem Reich besucht und nachgefragt, wie die Einführung verlaufen ist und wie sich die kleinen, unauffälligen Chips, die nun alle Bücher kennzeichnen, bewähren.

Eine dezentes, man möchte fast sagen elegantes Glas-Gate flankiert den Eingang zur Bibliothek im ersten Stock des Gebäudes L. Durch sie betritt man einen hellen, freundlichen Bibliotheksraum, der zum Arbeiten einlädt. Jetzt, um halb zwei Mittags mitten in der Prüfungszeit, ist es hier ruhig und nur wenige Besucher lassen sich blicken. Frau Klein, die mich schon erwartet, verrät mir aber, dass das keineswegs der Dauerzustand ist. In den 10 Monaten von März 2015 bis zum Ende des Jahres hatte die Bibliothek 90.000 Besucher. Im Schnitt sind das 50 Besucher pro Stunde während der Öffnungszeit. Sie weiß das deswegen so genau, weil die Schranke nicht nur verhindert, dass nicht ausgeliehene Bücher die Bibliothek verlassen, sondern auch die Besucher zählt. Ihr PC hat eine Schnittstelle zum Gate – wenn Sie möchte kann sie sich für jeden Tag eine stundenweise Statistik erstellen lassen. „Selbstverständlich hatten wir auch vorher Erfahrungswerte, wann besonders viel los ist und dementsprechend die Ausleihe besetzt. Mit der Statistik geht das aber viel einfacher und passgenauer. Damit sind auch viel mehr Kapazitäten für die Buchbearbeitung und v.a. kompetente Beratung der Benutzer frei.“

Das Kernstück der Technik selbst ist fast verschwindend klein und maximal unauffällig. Die Menge macht’s: Jede Medieneinheit trägt auf der hinteren inneren Buchdecke einen speziellen RFID-Chip, optisch eigentlich nur ein etwas stärkeres weißes Klebeetikett. Im Sommer 2013 wurden in einer groß angelegten Konvertierungsaktion die fast 82.000 Bücher, DVDs etc. des Freihand- und Präsenzbestandes damit versehen und jeweils die spezifische Mediennummer darauf gespeichert: ein immenser logistischer Aufwand und Fleißarbeit. „Die Konvertierung lief an zwei mobilen Konvertier-Stationen“, erklärt Klein. „Auf Anraten des Anbieters haben wir jede Station mit einer studentischen Hilfskraft besetzt, so dass jeder sein Tempo arbeiten konnte. Damit sind wir sehr gut gefahren und waren in nicht ganz 8 Wochen fertig.“ Tatsächlich dauerte es 626 Stunden bis die 82.000 Medieneinheiten konvertiert waren – das sind 130 pro Stunde. Erstaunlich sei die Fehlerquote, weiß die Diplom-Bibliothekarin: „Obwohl es sich um einen sehr mechanischen, sich immer wiederholenden Vorgang handelt, ist die Zahl der falsch oder gar nicht konvertierten Medien sehr gering.“

Die großen Vorteile des Systems erschließen sich mir sofort als wir mit fünf Büchern zur Ausleihe gehen. Die Bibliothekarin liest den Nutzerausweis ein, keine Sekunde später erscheinen darunter, wie von Zauberhand, die fünf Titel. Einen Klick später sind sie als ausgeliehen verbucht. Erstaunt erinnere ich mich an meine Studentenzeit, als jedes Buch noch einzeln an der richtigen Stelle aufgeschlagen und eingescannt werden wollte und bin beeindruckt. Frau Klein zeigt mir vier unauffällige Klebepunkte auf dem Tisch, die ein Rechteck bilden. Unter dieser Stelle der Tischplatte sitzt das Lesegerät, das die Frequenz des Chips ausliest und an das Buchungssystem weiterleitet. Bis zu fünf Titel können so im Stapel verarbeitet werden. „Das sorgt für kleinere Warteschlangen und entlastet das Bibliothekspersonal auch physisch – Bücher sind schwer. Jetzt müssen sie nicht mehr einzeln hoch gehoben und aufgeschlagen werden. Darüber hinaus werden nicht mehr so viele Kapazitäten durch reine Routinearbeit gebunden, sondern sind frei für qualifizierte Aufgaben, wie die Beratung der Benutzer und die Buchbearbeitung.“ Nicht zuletzt deswegen wurde das neue System von den MitarbeiterInnen, deren Belastung durch die steigende Anzahl der Entleihungen in den Jahren davor angewachsen war, problemloser akzeptiert als erwartet. Klein gibt zu, dass sie hier Bedenken hatte, der eine oder andere könne das Gefühl haben, die Technik nehme ihm Arbeit weg.

2015 verzeichnete die Hochschulbibliothek 41.000 Erstausleihen (d.h. ohne Verlängerungen). Auch die Akzeptanz unter den Benutzern war erstaunlich unproblematisch, verrät die Leiterin der Bibliothek und führt mich zum eigentlichen Highlight des neuen Bibliothekssystems: die Selbstverbuchungs-Station. Hier können die Nutzer Bücher die sie entleihen wollen selbst verbuchen. Dies läuft ähnlich unkompliziert wie an der Theke: den Stapel Bücher – auch hier können bis zu fünf Medieneinheiten gleichzeitig verbucht werden – auf die Ablageplatte in den gekennzeichneten Bereich legen, Karte einlesen und bestätigen. Damit sind lange Wartezeiten an der Ausleihe selbst zu Stoßzeiten endgültig Geschichte. 31 % der Entleihungen im letzten Jahr wurde von den Benutzern am Selbstverbucher abgewickelt. Tendenz steigend, weil v.a. die neu hinzukommenden Semester gerne darauf zurückgreifen. „Die automatische Verbuchung am Selbstverbucher funktioniert sehr zuverlässig. Die Buchsicherungsanlage im Gate schlägt so gut wie nie an.“

Und die frei werdenden Kapazitäten? Darüber müssen wir uns keine Sorgen machen. Frau Klein hat schon das nächste Großprojekt in Angriff genommen. Die Bestände, die aktuell noch nach Numerus Currens, d.h. in der Reihenfolge ihres Erwerbs, in den Regalen auf ihre Benutzer warten, sollen zukünftig thematisch (nach der Regensburger Verbundklassifikation) aufgestellt sein. Für die MitarbeiterInnen gilt es die nächste logistische Meisterleistung zu bewältigen: 122.000 Printmedien wollen thematisch sortiert und entsprechend mit neuen Signaturen versehen werden.

 

Der Verein der Freunde der Hochschule Mannheim freut sich über die gelungene Einführung des RFID und die große Akzeptanz und wünscht dem gesamten Bibliotheksteam für das anstehende Projekt viel Erfolg!

 

 

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